Life Science und Pharma

Drei Gründe, warum MedTech- & Pharmaunternehmen 2023 eine Nachhaltigkeitsvision brauchen

In diesem Blogpost zeigen wir auf, weshalb auch MedTech- und Pharmaunternehmen sich jetzt verstärkt mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen müssen – und warum sie dabei um eine fundierte Nachhaltigkeitsvision nicht herumkommen.  

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  • Nachhaltigkeit ist für Pharma- und MedTechunternehmen kein „nice to have“ mehr – es wird zunehmend zum Erfolgsfaktor, auch aus wirtschaftlichen Gründen. 

  • Es gibt drei Ansätze, wie Unternehmen nachhaltiger werden können – mit unterschiedlichen Risiken und Wirkungsgraden. 

  • Ausgangspunkt für alle Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit sollte immer eine fundierte Nachhaltigkeitsvision sein. 

Herausforderungen für nachhaltige Innovationen im Gesundheitssektor

Warum sollten sich Unternehmen aus dem Gesundheitssektor stärker mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen? Diese Frage ist gar nicht so trivial, denn 

  • die Nachhaltigkeit eines Medizinproduktes oder Medikaments beeinflusst bisher noch kaum die Kaufentscheidung
  • hohe regulatorische Anforderungen im Zuge der Zulassung erschweren Innovationen im Sinne einer größeren Nachhaltigkeit 
  • medizintechnische und pharmazeutische Produkte sind dafür da, um Menschen zu helfen. Sie sind also per Definition bereits in mindestens einer Dimension nachhaltig und dienen der Erfüllung von Ziel 3 aus der Agenda 2030.

Wir sehen in erster Linie drei Gründe, weshalb auch MedTech- und Pharmaunternehmen das Thema Nachhaltigkeit weiter oben auf ihre Agenda setzen müssen:

  • Steigender Druck von außen
  • Wirtschaftliche Chancen, die sich im Bereich Nachhaltigkeit bieten
  • Ethische und normativen Aspekte
     

Druck von außen: Green Deal und Corporate Sustainability Reporting Directive

Für den Druck von außen sorgen unterschiedliche Faktoren: Da wären zunächst neue Anforderungen und Regularien von Seiten der Gesetzgeber. Beispiele hierfür sind etwa der Green Deal und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union sowie das Sorgfaltspflichtgesetz (umgangssprachlich auch als „Lieferkettengesetz“ genannt) der deutschen Bundesregierung. Gesetze wie diese zwingen Unternehmen immer stärker, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen und hier ernsthafte Schritte zu unternehmen.

Diese Gesetze bewirken darüber hinaus, dass Nachhaltigkeit als Verkaufsargument auch im Healthcare-Sektor immer wichtiger wird. Gerade Zulieferunternehmen sehen sich hier stetig steigenden Anforderungen gegenüber. Und auch für Investoren wird das Thema Nachhaltigkeit ein immer wichtigeres Unterscheidungsmerkmal. Dazu kommt: Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle beim Recruiting – das gilt vor allem für hochqualifizierte Expertinnen und Experten. Arbeitgeber, die hier gut aufgestellt sind, haben im Wettbewerb um die besten Köpfe einen großen Vorteil.

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Ein weiterer Faktor, der für Druck von außen sorgt, ist der Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Bis in die 1950er Jahre waren die meisten Märkte noch Verkäufermärkte und da der Engpass die Produktion war, bedeutete Innovation vor allem Produktverfügbarkeit, Funktionalität und Qualität. Mit dem Übergang zu Käufermärkten wurde der Absatz zum Engpass: Innovation bedeutete dann vor allem Marketing, Branding und Vertriebskanäle. Durch die zunehmende Technisierung seit den 80er Jahren wurden Features ein wichtiges Differenzierungsmerkmal und mit Beginn des 21. Jahrhundert waren User Experience Design, Vernetzung und Digitalisierung das Maß für Innovation.

Immer mehr Unternehmen erkennen Nachhaltigkeit als neue Dimension für Innovation zur Differenzierung im Wettbewerb. Die „alten“ Faktoren wie Funktionalität, Qualität und User Experience bleiben weiter relevant, sie werden aber zunehmend zum Hygienefaktor, während die Nachhaltigkeit bei immer mehr Kundinnen und Kundenzum Entscheidungskriterium wird.

Chancen: Steigende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten

Der zweite Grund, weshalb das Thema Nachhaltigkeit für Unternehmen im Health Ecosystem immer wichtiger wird: Es eröffnet Unternehmen auch zahlreiche neue Chancen. Gerade die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten bietet die Möglichkeit, neue Märkte und Kundenkreise zu gewinnen. Das gilt insbesondere für die vorausschauenden „Early Mover“, die sich hier einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil sichern können. Unternehmen, die jetzt glaubwürdig und intensiv auf Nachhaltigkeit setzen, profitieren nicht zuletzt auch von einem Reputationsgewinn, der im Lauf der Zeit immer wertvoller und wichtiger wird.

Eine weitere große Chance durch das Thema Nachhaltigkeit sind die neuen Geschäftsmodelle, die dadurch möglich werden. Sei es die Wiederaufbereitung von Altgeräten im Sinne eines Kreislaufwirtschaft, neue Dienstleistungen wie Reparaturen, Products-as-a-Service, Mietmodelle, der Verkauf von Austauschartikeln oder datenbasierte Geschäftsmodelle: Innovative Unternehmen können so die Welt ein Stück besser machen und gleichzeitig Ressourcen schonen.

Ethische Aspekte: Unternehmen in der Verantwortung

Der dritte Grund, weshalb alle Unternehmen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen sollten, ist eigentlich der wichtigste: Als gesellschaftliche Akteure haben sie die Möglichkeit und damit auch die Verpflichtung, ihren Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. Gerade Unternehmen haben hier einen größeren Einfluss als Einzelpersonen – etwa auf Mitarbeitende und nicht zuletzt auch die eigenen Produkte und Produktionsprozesse.

Die meisten Unternehmen wollen dieser Verantwortung auch gerecht werden. Angesichts beispielsweise eines immer früheren Earth Overshoot Days fühlt es sich auch einfach „richtig“ an, etwas Gutes für die Welt und nachfolgende Generationen zu tun. Dieser Aspekt wird auch für Shareholder und als Investitionskriterium immer wichtiger.

Nachhaltige Innovation wirft viele Fragen auf

Es gibt also überzeugende Argument, weshalb Unternehmen im Healthcare-Sektor das Thema Nachhaltigkeit angehen sollten. Doch wer das eigene Unternehmen, Produkte, Prozesse, Produktion, nachhaltiger gestalten will, steht zunächst einmal vor einer Menge Fragen: Wie sollte man das Thema am besten angehen? Welchen Umfang müssen die Maßnahmen haben? Worauf kommt es an? Wer finanziert das und wie? Und vor allem: Wie anfangen?

Der wichtigste Punkt hierbei ist zunächst: Das Thema Nachhaltigkeit muss konsequent in allen Unternehmensbereichen mitgedacht werden. Die Grundlage hierfür ist eine individuelle Nachhaltigkeitsvision. In dieser wird festgelegt, wie sich ein Unternehmen zum Thema Nachhaltigkeit positioniert und welche Ziele es hier verfolgt.

Je nachdem, wie groß das Geschäftspotenzial und der Ehrgeiz des jeweiligen Unternehmens ist, sehen wir drei Stufen. Diese bauen zum Teil aufeinander auf, ergänzen aber vor allem und maximieren die Nachhaltigkeit:

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Level 1: Sustainable Company.

Hier geht es zunächst darum, die Mindestanforderungen der Gesetze und der wichtigsten Kundinnen und Kunden mit dem geringstmöglichen Einsatz zu erfüllen. Dazu muss das Unternehmen wissen, welche Gesetze ab wann relevant sind und welche Ziele die wichtigsten Kunden einfordern. Zudem muss das Unternehmen ein Berichtswesen aufsetzen, um die geforderte Transparenz für Kapitalgeber, Kundschaft und Staat zu schaffen. Mögliche Nachhaltigkeitsinitiativen beschränken sich auf die Beschaffung (z.B. erneuerbare Energiequellen) und die Produktion (z.B. Reduktion von Abfall). Darauf aufbauend können Unternehmen dann beginnen, die Nachhaltigkeit des eigenen Wirtschaftens schrittweise zu erhöhen – beispielsweise bei den eigenen Gebäuden, der verbrauchten Energie (Qualität und Menge), im Geschäftsverkehr (weniger Flugreisen) oder im Bereich der Ernährung (Kantinenangebot).

Level 2: Sustainable Products and Services.

Hier geht es darum, dass Unternehmen ihr Know-how einsetzen, um ihre bestehenden Produkte und Einstleistungen nachhaltiger zu gestalten. Das beginnt bei der Weiterentwicklung des eigenen Produkt-, Projekt- und Kundenportfolios, kann aber auch neue Geschäftsfelder und -modelle im Bereich Nachhaltigkeit beinhalten. So verbessern diese Unternehmen nicht nur die eigene Nachhaltigkeit, sondern helfen auch ihren Kundinnen und Kunden, nachhaltiger zu werden. Der entscheidende Punkt hier ist es, die Nachhaltigkeitsziele im eigenen Management-System zu verankern. So werden sie auch in Forschung und Entwicklung, im Produktmanagement und im Marketing explizit berücksichtigt. Dadurch können Unternehmen dann beispielsweise die Emissionen von Produkten in deren Herstellungs- und Nutzungsphase reduzieren oder den Zugang zu Gesundheitsprodukten auch für sozial benachteiligte Menschen erleichtern.

Level 3: Products for the Planet.

Hier geht es um Unternehmen, die Nachhaltigkeit an sich als neuen Markt betrachten, den sie durch ganz neu entwickelte Produkte und Services bedienen möchten. Wichtig ist es hier, sich der eigenen Kernkompetenzen sehr bewusst zu sein. Auf dieser Basis können Unternehmen dann überlegen, für welche Nachhaltigkeitsziele sie diese einsetzen können. Ein vielversprechender Weg ist es dabei, neben dem bestehenden Kerngeschäft eine zusätzliche Einheit für das Thema „Nachhaltigkeit und Innovation“ aufzubauen. Diese kann dann mit Kreativitätstechniken, Startup-Scouting und Partnerschaften ganz neue Produkte für diese neu entstehenden Märkte entwickeln. 

Wichtig ist: Jedes Unternehmen ist anders. Daher ist es entscheidend, auf diejenigen Aspekte von Nachhaltigkeit zu fokussieren, die für die eigene Situation besonders relevant sind und diese mit der Geschäftsstrategie abzustimmen. Wichtig ist aber auch: Eine Vision oder Strategie alleine macht noch nicht nachhaltig. Deshalb erklären wir in den folgenden drei Blogposts, wo wir die größten Hebel sehen, um das Health Ecosystem nachhaltiger zu gestalten.

Die Blogposts aus unserer Serie "Nachhaltigkeit im Health Ecosystem": 

Ansprechpartner für Deutschland

Aud Frese

Lead of Health Strategy and Medical Technology

Aud Frese kam 2020 als Lead of Health Strategy and Medical Technology zu Zühlke und ist seit 2024 zudem Teil des EMEA Health Leadership Teams. Ihr Fokus liegt auf dem Gebiet der digitalen Innovationen, Businessstrategien und Produktentwicklung. Aud Frese hat Medizininformatik studiert und verfügt über langjährige Erfahrungen in der Medizintechnik und dem Gesundheitsbereich. 

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