4 Minuten Lesezeit Für diese Blogserie „Karriere mit Neurodiversität“ haben wir eine neurodivergente Zühlke-Kollegin gefragt, wie sich Autismus in der Arbeitswelt auswirkt: Elena Holzheu, Marketing Research Manager, erklärt, was Autismus ist und wie dieser ihre berufliche Laufbahn in unserem dynamischen und qualitätsorientierten Arbeitsumfeld beeinflusst hat. Was ist Autismus? Autismus, genauer die „Autismus-Spektrum-Störung“ (Autism Spectrum Disorder, ASD), ist eine Form der neuronalen Entwicklung, die die Art und Weise beeinflusst, wie Menschen mit ihrer Umwelt interagieren, mit anderen kommunizieren und Informationen verarbeiten. Im Gegensatz zu anderen Formen der Neurodiversität, wie ADHS oder Legasthenie, wird ASD oft als Krankheit missverstanden. Das liegt vielleicht auch daran, dass Autismus in so vielen Erscheinungsformen auftritt (daher die Einordnung als „Spektrum“). Falsche Wahrnehmung oder Missverständnisse durch neurotypische „Normalos“ sind immer noch weit verbreitet. Beispielsweise kann die Art und Weise, wie Menschen mit ASD sozial interagieren, zu Spannungen führen. „Was auf andere manchmal egoistisch wirkt, ist einfach nur unser notwendiges Bedürfnis, unser Nervensystem gut unter Kontrolle zu halten“, erklärt Elena. Hoch funktionale Autist*innen, also Betroffene, denen das gut gelingt, hören oft, dass sie gar keinen „autistischen“ Eindruck machen. Online-Communities von Menschen mit ASD äußern sich besorgt über die Tendenz, ASD mit bestimmten stereotypischen Verhaltensweisen in Verbindung zu bringen. Autismus in der Arbeitswelt Da Autismus die Art und Weise beeinflusst, wie Informationen verarbeitet werden, kann er sich am Arbeitsplatz sowohl positiv als auch negativ auswirken. Elena vergleicht ihr Gehirn und ihr Nervensystem mit einem Quantencomputer: „Die Maschine ist zu enormen Leistungen fähig, hierfür aber auf perfekte Umgebungsbedingungen angewiesen.“ Mit ihrer Art, die Welt wahrzunehmen, ist Elena für anspruchsvolle Denkaufgaben prädestiniert. „ Ich liebe es, komplexe Zusammenhänge zu entwirren und Dingen auf den Grund zu gehen. Deshalb ist Marktforschung für mich genau das Richtige. “ Elena Holzheu Marketing Research Manager Damit einher geht jedoch das Risiko einer sensorischen oder kognitiven Überlastung. Elena berichtet, dass sie, wie die meisten Menschen mit ASD, ihr Energielevel und ihre Gesundheit immer im Blick behalten muss, damit es nicht zu Erschöpfungszuständen („Fatigue“) kommt. Dazu gehört auch, dass sie Umgebungen mit potenzieller Reizüberflutung meidet und soziale Interaktionen auf ein Maß begrenzt, das sie gut unter Kontrolle hat. ASD ist nicht nur ein Faktor für die alltägliche Arbeit, sondern für den gesamten beruflichen Werdegang. Elena berichtet, dass es Menschen mit Autismus häufig schwerfällt, einen langfristigen Karriereplan zu verfolgen, weil ihnen das nötige Eigennarrativ fehlt und ihre Selbstwahrnehmung eher unvollständig und inkohärent ist: „Ich hatte nie eine klare Vorstellung davon, wer ich bin. Damit fehlt mir sicher eine Voraussetzung für eine eigenverantwortliche Karriereentwicklung“, sagt sie. Das muss aber kein Nachteil sein, wenn der Arbeitgeber sich bewusst ist, dass nicht alle Menschen gleichermaßen in der Lage sind, ihre Laufbahn aus eigenem Antrieb zu planen. Auch geht es nicht darum, Menschen mit ASD für die verschiedenen Karriereschienen zu trimmen. Vielmehr gilt es, die Arbeitsleistung auf angemessene Weise zu honorieren und eine berufliche Weiterentwicklung zu ermöglichen, die der jeweiligen Persönlichkeit entspricht. Das Autismus-Spektrum als Stärke Ein Thema, das in der Diskussion über ASD häufig auftaucht, ist das „Masking“. Damit ist das Unterdrücken oder Kompensieren bestimmter Verhaltensweisen gemeint, um in einer neurotypischen Umgebung nicht aufzufallen. Betroffene verfolgen hierbei verschiedene Strategien: Oft versuchen sie, das Verhalten neurotypischer Menschen nachzuahmen, oder es werden Formulierungen und Gesprächsabläufe („Skripte“) eingeübt und wiedergegeben, um die soziale Interaktion zu erleichtern. Masking kann zwar gut funktionieren, ist aber für die ASD-Persönlichkeit mit großer Anstrengung und möglicherweise schädlichem Stress verbunden. Elena empfindet in diesem Zusammenhang die offene, auf Akzeptanz beruhende Kultur bei Zühlke als sehr positiv. „ Wenn Du autistischen Kolleg*innen zugestehst, authentisch zu sein und sich einfach so zu geben, wie sie sind, bleibt ihnen mehr Energie für ihre eigentliche Arbeit. “ Elena Holzheu Marketing Research Manager Was Elena sich für den gesellschaftlichen Umgang mit ASD wünschen würde, ist Wertfreiheit: Autismus ist eine andere Ausprägung des Bewusstseins – eine, die weniger im Ich und im Selbst verankert ist. Insofern ist dieses Persönlichkeitsmerkmal nicht therapiebedürftig, sondern vielmehr eine Stärke mit viel Potenzial. Wir alle können davon profitieren, wenn wir uns von der Normvorstellung verabschieden und neurodiversen Ausprägungen mit Offenheit begegnen. Elena hat ein Buch über das facettenreiche Leben innerhalb des Autismus-Spektrums geschrieben. Durch brillante Lyrik vermittelt sie darin die komplexen Erfahrungen und ihre ganz persönlichen Perspektiven als neurodivergente Persönlichkeit (https://buchshop.bod.ch/actuallyautistic-elena-holzheu-9783759735621). Ihr zweites Buch, Zero Person, lädt die Leser ein, die autistische Wahrnehmung nicht als eine Reihe von Defiziten zu betrachten, sondern als eine einzigartige und gleichwertig wertvolle Form der Kognition (https://buchshop.bod.ch/zero-person-elena-holzheu-9783759760456). Auf unserer Karriereseite erfährst Du mehr darüber, wie Du Dein Arbeitsleben mit Zühlke gestalten kannst. Wenn Du Dich umfassender über das Thema Autismus informieren möchtest, ist die 'National Autism Society' ein guter Ausgangspunkt (English https://www.autism.org.uk/). Explore our careers page to learn about how you can shape your work life with Zühlke Learn more
„ Ich liebe es, komplexe Zusammenhänge zu entwirren und Dingen auf den Grund zu gehen. Deshalb ist Marktforschung für mich genau das Richtige. “ Elena Holzheu Marketing Research Manager
„ Wenn Du autistischen Kolleg*innen zugestehst, authentisch zu sein und sich einfach so zu geben, wie sie sind, bleibt ihnen mehr Energie für ihre eigentliche Arbeit. “ Elena Holzheu Marketing Research Manager
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