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Nachhaltiges Webdesign: Sustainable UX und ihr Einfluss auf nachhaltiges Design

Welche Rolle spielt die User Experience für die Nachhaltigkeit von digitalen Lösungen? Und wie können Designer:innen schon mit kleinem Aufwand große Wirkung erzielen? Erfahren Sie es im Blogpost.

6 Minuten Lesezeit
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Die Umweltauswirkungen von Software und Webtechnologien werden exponentiell zunehmen. Deshalb ist es unerlässlich, auch die Art und Weise, wie wir Design denken und implementieren, zu verändern. Wir möchten Ihnen konkrete Ansätze zeigen, wie eine nachhaltige User Experience neue Perspektiven für nachhaltiges Design eröffnet, das nicht nur nutzerfreundlich, sondern eben auch nachhaltig ist.

Was ist nachhaltiges Webdesign?

Nachhaltiges Webdesign ist ein Ansatz für die Gestaltung digitaler Produkte, bei dem die Bedürfnisse der Menschen und des Planeten im Vordergrund stehen. Digitale Produkte, einschließlich Websites und Online-Services, haben das Potenzial, die Gesellschaft und den Planeten positiv zu beeinflussen. Zudem können sie neues Geschäftspotenzial eröffnen. Allerdings nur, wenn diese Technologien in einer auf den Menschen fokussierten und verantwortungsvollen Weise implementiert und genutzt werden.

Nachhaltiges Webdesign setzt sich für Transparenz, Offenheit und Effizienz ein – Grundsätze, die z. B. in den Web Sustainability Guidelines des World Wide Web Consortium (W3C) festgehalten sind.

In diesem Artikel betrachten wir einige „Quick Wins", die wir mittels Sustainable UX erzielen können, um nachhaltigere digitale Produkte zu realisieren.

Der Einfluss von Farben und Schriftarten auf nachhaltiges Design

Starten wir mit etwas ganz Konkretem und stellen uns die Frage: Wie können wir durch die Auswahl von Farben, Fonts und Medien unsere Designs nachhaltig optimieren? Während kaum überrascht, dass wir beim Einsatz von Medien wie z. B. Videos sehr schnell sehr große Datenmengen und damit viel Energie in Anspruch nehmen, liegt das bei Farben und Fonts nicht unmittelbar auf der Hand. Jedoch beeinflussen auch Sie den Energiebedarf massiv.

Basierend auf den Wellenlängen der Farben, gilt die Faustregel: Schwarz ist energieeffizienter als Rot, dieses energieeffizienter als Grün und Blau, während Weiß am meisten Energie benötigt. Als Eselbrücke kann hier ein Regenbogen dienen: Je weiter außen die Farbe liegt, desto energieeffizienter ist sie.

Wie viel Energie wir aber durch die Verwendung von Farben tatsächlich sparen, ist ebenfalls stark abhängig von der Bildschirmtechnologie. Bildschirme mit LCD-Technologie besitzen in der Regel eine Lichtquelle, die alle Pixel beleuchtet. Entsprechend fällt die Wahl der Farbe weniger ins Gewicht als beispielsweise bei OLED-Bildschirmen, bei denen einzelne LEDs autonom funktionieren. Diese Bildschirme profitieren besonders von dunkleren Farben, da die LEDs in schwarzen Bereichen ausgeschaltet sind und keine Energie verbrauchen.

Lohnt es sich also, auf Farben zu achten? Laut Google benötigt die Farbe Blau 25% mehr Energie als Rot und Grün. Ein Darkmode kann, je nach App, zwischen 21% und 43% Energie einsparen. Und auch kleine Änderungen, wie die Verwendung von Off-white statt reinem Weiß, können bereits einen Unterschied machen, wenn es um nachhaltiges Design geht.

Simon Wehrli Zühlke
„ Jede Entscheidung im Designprozess, so klein sie auch erscheinen mag, hat das Potenzial, einen großen Unterschied für unseren Planeten zu bewirken. Jeder Schritt vorwärts ist ein richtiger Schritt. “
Simon Wehrli
Expert UX Designer

Auch der Einsatz der richtigen Schriftart kann die Nachhaltigkeit einer digitalen Lösung steigern. Hier gilt: Schriften, die bereits installiert sind, müssen nicht mehr geladen werden, wodurch weniger Daten bzw. Energie verbraucht wird. Daher empfiehlt es sich, Schriftarten zu verwenden, die bereits auf allen Rechnern vorinstalliert sind, z. B. Arial, Times New Roman, Helvetica oder Verdana.

Wie bereits erwähnt, birgt auch der richtige Einsatz von Medien großes Potenzial zu Einsparung von Energie. Hier gilt die so einfache wie wirkungsvolle Regel: Weniger ist mehr. Designerinnen und Designer sollten stets kritisch prüfen, welche und wie viele Medieninhalte notwendig sind, einschließlich der Notwendigkeit von Autoplay bei Videos.

Tiefergehende Überlegungen sollten dann auch die Anpassung von Format und die Komprimierung von Videos und Bildern einbeziehen. Denn Komprimierung ist grundsätzlich effektiv und kann laut Ecograder den Energieverbrauch bei gleichbleibender Qualität deutlich reduzieren.

Optimiertes nachhaltiges Webdesign mit den richtigen Datenlösungen

Durch unseren digitalen Konsum werden jedes Jahr Unmengen an Daten generiert und verarbeitet. Das benötigt Rechenleistung und Energie und sorgt damit für eine Vielzahl an Emissionen. Dem müssen wir mit nachhaltigen und energieeffizienten Lösungen begegnen.

Die Reduktion von Medien, deren Komprimierung und eine logische Navigationsarchitektur kann den Datenverbrauch bereits stark reduzieren. Folgend möchten wir einige weitere Punkte zeigen, um die Umweltauswirkungen von Daten zu verringern und die Nachhaltigkeit zu verbessern:

  • Strategischer Einsatz von Analytics-Tools: Tools wie z. B. Google Analytics werden oft genutzt, um möglichst viele, nicht unbedingt zielgerichtete Datenmengen zu sammeln - weil es möglich ist. Das verbraucht mehr Ressourcen als nötig. Userinnen und User sollten sich hier an den allgemeinen Grundsatz bei der Sammlung von Daten halten: Definieren Sie genau, welche Daten für was gebraucht werden, um unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden und die Datenmenge überschaubar zu halten.
  • Datei-Downloads: Um den unnötigen Download von Dateien zu vermeiden, können Unternehmen Informationen, wie z. B. Öffnungszeiten oder Organigramme, direkt auf ihrer Website oder in einer App zugänglich machen, anstatt sie in PDF- oder Word-Dokumenten anzubieten. Dies spart Datenverkehr und Energie und erleichtert Usern den Zugang.
  • Autoplay und Endlos-Scrollen: Derartige Features können zwar die Bindung zu Usern und die Werbeeinnahmen erhöhen, bergen jedoch auch Risiken für die mentale Gesundheit (Suchtgefahr) und führen zu hohem Datenverbrauch. Designer:innen und Unternehmen sollten ihren Einsatz wohlüberlegt wählen und mögliche negative Auswirkungen auf Nutzende und Umwelt bedenken.
  • Ecograder: Ecograder ist ein nützliches Tool, das Websites hinsichtlich ihres CO2-Ausstoßes und Datenverbrauchs bewertet, macht das Thema Datenverbrauch greifbarer. Durch die Analyse lassen sich Webseiten gezielt für eine Sustainable User Experience optimieren, was Unternehmen hilft, ihre digitalen Angebote nachhaltiger zu gestalten.

Sustainable Nudging: Der Schubs in die richtige Richtung

Die eigenen Entscheidungen über die Nutzung von Daten, Bildern, Schriftarten und Farben spielen eine große Rolle hinsichtlich Sustainable User Experience. Darüber hinaus können digitale Lösungen so realisiert werden, dass Sie Nutzenden dabei helfen, nachhaltiger zu agieren - sogenanntes Sustainable Nudging.

„ Sustainable UX hat nicht nur technische Aspekte. Sie gibt uns die Möglichkeit, aktiv auf das nachhaltige Verhalten von Usern einzuwirken. “
Simon Wehrli
Expert UX Designer

Eine effektive Methode hierfür sind sorgfältig gewählte Standardeinstellungen, die nachhaltiger sind. Für Online-Shops könnte dies bedeuten, Abholstationen als Standardlieferoption festzulegen oder eine umweltfreundlichere Versandart vorzuziehen. Auch die Einstellung eines Dark Modes als Standard, die Deaktivierung von Autoplay und Endlos-Scrollen sowie die standardmäßige Deaktivierung von Standby-Einstellungen bei Geräten können dazu beitragen.

Darüber hinaus ist es wichtig, komplexe Informationen einfach und verständlich zu präsentieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Investment-App Inyova, die CO2-, Wasser-, Abfall- und Rodungseinsparungen visualisiert, zu denen Nutzende durch ihre nachhaltigen Investitionen beitragen. Wenn die Nutzenden die positiven Auswirkungen ihrer Entscheidungen klar erkennen können, kann das sehr motivierend sein. Die Möglichkeit, Produkte nach ihrem ökologischen Fußabdruck zu filtern und zu sortieren, trägt dazu bei, eine informierte und bewusste Entscheidungsfindung zu erleichtern.

Nachhaltiges Design: Perfektionismus ist der Feind des Guten

Sustainable UX ist ein umfassendes, komplexes und noch recht junges Thema im großen Themenkomplex der Nachhaltigkeit. Guidelines wie die Web Sustainability Guidelines können auf den ersten Blick überfordernd wirken, sie bieten aber auch einige Ansatzpunkte für nachhaltiges Design. Entscheidend ist, dass sie die Auswirkungen und den Aufwand unserer Ziele veranschaulichen und betonen, dass jeder kleine Schritt nach vorn ein wertvoller ist. Und dass jeder Pixel, jede Farbe, jedes Element zu einer nachhaltigeren Welt beitragen kann.

Mehr zum Thema lesen Sie im Linkedin-Artikel: “Life-centred design, not just human-centred design”. Als von Gartner genannter Anbieter für Sustainable Business unterstützen wir Organisationen dabei, ihre Nachhaltigkeitstransformation zu beschleunigen. Gleichzeitig sind wir bestrebt, die Nachhaltigkeit unserer eigenen Organisation zu verbessern und unsere Erfahrungen mit anderen zu teilen.

Sprechen Sie noch heute mit unseren Nachhaltigkeitsfachleuten, um zu erfahren, wie Nachhaltigkeit Ihr Unternehmen voranbringen kann.