6 Minuten Lesezeit Mit Insights von Aud Frese Lead of Health Strategy and Medical Technology aud.frese@zuehlke.com Moritz Gomm Ehemaliger Senior Business Solution Manager Moritz.Gomm@zuehlke.com Nachhaltigkeit wird ein immer wichtigeres Thema für die Healthcare-Branche. Wir sehen hier vor allem drei Gründe: Druck durch Gesetzgeber, Kundinnen und Kunden, Arbeitnehmer:innen aber auch die damit verbundenen Chancen und nicht zuletzt die eigene Verantwortung, der immer mehr Unternehmen gerecht werden wollen. Die Digitalisierung bietet spannende und vielversprechende Möglichkeiten, um das gesamte Health Ecosystem nachhaltiger zu gestalten. Das beginnt schon bei den Innovationsprozessen, die dabei helfen, nach der digitalen Transformation auch die „Sustainable Transformation“ zu beschleunigen. Doch auch die digitalen Technologien an sich bieten viel Potenzial für mehr Nachhaltigkeit. Beispiele gibt es in anderen Branchen zuhauf: Sei es das papierlose Büro oder die dadurch ermöglichte Arbeit im Homeoffice und die damit verbundene Vermeidung von Fahrten. Dazu kommen noch effizientere Produkte, die dank digitaler Technologien beispielsweise weniger Energie verbrauchen. Sustainable Transformation durch konsequente Nutzung digitaler Technologien Ein weites Feld ist ebenso die Nutzung von Daten, etwa um Produkte oder Prozesse hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu optimieren. Beispiele hierfür sind etwa die Reduktion von Verschnitt und Abfall, die Optimierung von Transportwegen und Beladung, das Einhalten von Ablaufdaten und die Vermeidung von Müll durch vorausschauende Bestellungen. Dieses Thema bietet schon für sich allein so viel Potenzial, dass wir ihm einen eigenen Blogpost gewidmet haben. Im Health Ecosystem sehen wir vor allem drei Bereiche, in denen die konsequente Nutzung von digitalen Technologien die zu mehr Nachhaltigkeit beitragen und die Sustainable Transformation vorantreiben kann: Durch effizientere und nachhaltigere Prozesse und Produkte Durch die Vernetzung von Produkten und Produktion, um dort Nachhaltigkeitspotenziale zu heben Durch ein effizienteres Datenhandling und den Einsatz von Telemedizin 1. Datenhandling und Telemedizin als Nachhaltigkeitsfaktoren Ersteres ist ein besonders attraktives Betätigungsfeld für Unternehmen im Healthcare-Sektor, da hier Nachhaltigkeitspotenziale Hand in Hand gehen mit Einsparpotenzialen. Ein Beispiel, das hier auf der Hand liegt, ist die Übermittlung von Patientendaten. Hier wird noch viel mit Papier gearbeitet – Arztberichte, Diagnosen, Patientenakten etc. Dazu kommen Röntgenbilder oder MRT-Aufnahmen auf DVDs. All das muss physisch produziert und transportiert werden. Eine konsequente Digitalisierung wird das Gesundheitswesen hier nicht nur nachhaltiger, sondern auch effizienter machen sowie auf lange Sicht Kosten einsparen. Ein weiterer Punkt in diesem Bereich ist das Thema Telemedizin. Jeder persönliche Besuch beim Arzt verursacht durch die Anreise Treibhausemissionen (falls er nicht zu Fuß oder per Fahrrad erfolgen kann) und kostet die Patienten Zeit. Dazu kommt der Aufenthalt im Wartezimmer – vor allem in der Erkältungshochsaison im Winter berühmt-berüchtigt als Quelle neuer Erkrankungen. Dabei ist bei vielen Krankheitsbildern ein persönlicher Besuch beim Arzt gar nicht nötig. Ein Smartphone mit Kamera oder sogar nur eine Schilderung der Symptome ist für eine Diagnose vollkommen ausreichend. In Schwerpunktzentren wie Altenheimen können zusätzliche technische Einrichtungen dabei helfen, den logistischen Aufwand für Arztbesuche zu reduzieren. Ein Beispiel hierfür ist das AIDA-Projekt, an dem u.a. die RWTH Aachen beteiligt ist. Weitere Vorteile eines vermehrten Einsatzes der Telemedizin wären u.a. eine Verbesserung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum, eine geringe Hemmschwelle, auch schambehaftete Krankheiten behandeln zu lassen sowie eine Entlastung von Ärzten und Krankenhäusern. Telemedizin weiter gedacht Noch einen Schritt weiter als die Telemedizin geht das Konzept einer stärkeren Versorgung von Patienten am Point of Care. Die Idee ist hierbei, Patienten mehr zu Hause zu versorgen und zu behandeln, wo sie sich in der Regel sicherer und wohler fühlen als in einem Krankenhaus. Ein weiterer Vorteil dieser Entwicklung ist eine Entlastung der Krankenhäuser sowie eine deutliche Kosteneinsparung. Apps und Monitoring-Geräte sollen dabei eine Überwachung des Gesundheitszustandes des Patienten gewährleisten. Ein Beispiel hierfür können sogenannte Smart Pills sein, die eine Rückmeldung dazu geben, ob ein Medikament tatsächlich eingenommen wurde oder nicht. Dadurch kann die Einnahme selbstständig ohne Fachpersonal überwacht werden – wichtig vor allem bei Medikamenten gegen psychische Erkrankungen, Demenz oder Krebs. Hand in Hand mit dieser Entwicklung geht auch ein stärkerer Einsatz minimalinvasiver Methoden. Dieser ist durch die schonenderen Eingriffe eine wichtige Voraussetzung für eine stärkere Verlagerung der Patientenversorgung an den Point of Care. Wie überall, wo digitale Technologien auf den Menschen treffen, ist es jedoch auch bei der Telemedizin und der Versorgung am Point of Care entscheidend, den Mensch in den Mittelpunkt der Entwicklung zu stellen. Wer diese Themen in erster Linie vorantreibt, um Kosten zu sparen, bewirkt vielleicht nebenbei etwas Gutes für die Umwelt. Doch wenn diese Entwicklung auf Kosten der direkten Beziehung zwischen Arzt und Patient gehen, kann sie auch zu einem Rückschritt bei anderen Nachhaltigkeitszielen führen. 2. Sustainable Transformation durch effizientere Produkte und Prozesse Digitalen Technologien können auch dabei helfen, nachhaltigere Produkte bzw. Therapien auf den Markt zu bringen. Ein Beispiel hierfür sind Digital Therapeutics (DTx) bzw. in Deutschland Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs). Diese Apps können Medikamente und Therapien ersetzen. Beispiele hierfür sind etwa Apps zur Behandlung von Migräne oder Tinnitus und Apps zur Unterstützung bei chronischen Krankheiten oder Behinderungen. Die Vorteile im Sinne der Nachhaltigkeit: Keine wirkstoffbezogenen Nebenwirkungen für die Patienten Weniger verabreichte Medikamente bedeutet weniger Umweltbelastung durch Produktion, Transport, Vertrieb und Einnahme der Medikamente (die sich beispielsweise auch im Abwasser widerspiegelt) Ein weiterer Ansatzpunkt in diesem Bereich ist die Unterstützung der Patient Journey durch digitale Maßnahmen, etwa so genannte Companion Apps. Diese können beispielsweise dabei helfen, dedizierte Steuergeräte durch bereits vorhandene Smartphones oder Tablett zu ersetzen. Im Zusammenspiel mit Medikamenten können sie die Adhärenz erhöhen und damit zum Therapieerfolg beitragen. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist etwa das digitale Ökosystem rund um die Wachstumshormontherapie Easypod. Das Ergebnis: Weniger Geräte und damit weniger Verbrauch von Ressourcen sowie ein geringerer Medikamentenkonsum. 3. Sustainable Transformation durch das Internet of Things (IoT) Der dritte Bereich, in dem die konsequente Nutzung digitaler Technologien zu mehr Nachhaltigkeit führen kann, betrifft die Produkte selbst sowie ihre Produktion. Hierbei geht es zum einen um das Thema Kreislaufwirtschaft und zum anderen um die Vernetzung mittels des Internet of Things (IoT). Bei ersterem kann die Digitalisierung beispielsweise über Digital Twins dabei helfen, die Rücknahme, Reparatur, Wiederverwertung und Lebensdauer von Produkten zu verbessern (z.B. auch im Zusammenhang mit Product-as-a-service-Modellen). Industrial IoT (IIoT) dreht sich vor allem um die Vernetzung der Produktion. Die dabei generierten Daten können beispielsweise genutzt werden, um den Ausschuss minimieren oder den Einsatz von Rohstoffen und Energie zu optimieren. Das Internet of medical Things (IomT) kann dagegen u.a. dazu genutzt werden, um mehr über die tatsächliche Nutzung von Produkten herauszufinden. Diesen Daten können dann eine wichtige Grundlage für Sustainability Engineering sein (siehe hierzu auch unseren Blogpost „Produkte und Produktion nachhaltiger gestalten“). Auf die Nutzung von Daten für Nachhaltigkeitsziele gehen wir außerdem im Blogpost „Die Macht der Daten“ noch näher ein. Nachhaltigkeitsvision als Erfolgsfaktor Alle drei vorgestellten Felder – Datenhandling & Telemedizin, effizientere und nachhaltigere Produkte sowie die Vernetzung von Produkten und Produktion – haben eines gemeinsam: Die Chancen, sie sich hier durch die konsequente Nutzung digitaler Technologien auftun, können nur dann optimal genutzt werden, wenn die handelnden Unternehmen eine Nachhaltigkeitsvision verfolgen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Unternehmen doch dabei stehen bleiben, die Vorteile durch den Einsatz dieser neuen Technologien für die Senkung der Produktionskosten o.ä. zu nutzen. Wie Unternehmen eine wirkungsvolle Nachhaltigkeitsvision entwickeln können, erfahren Sie im ersten Blogpost dieser Serie zum Thema „Drei Gründe, warum MedTech- & Pharmaunternehmen 2023 eine Nachhaltigkeitvision brauchen“. In Teil drei dieser Blogpost-Serie erfahren Sie, wie Daten das Thema Nachhaltigkeit befeuern können. Weitere Teile unserer Blogpost-Serie "Nachhaltigkeit im Health Ecosystem": Drei Gründe, warum MedTech- & Pharmaunternehmen 2023 eine Nachhaltigkeitvision brauchen MedTech& Pharma: Produkte und Produktion nachhaltiger gestalten Ansprechpartner für Deutschland Aud Frese Lead of Health Strategy and Medical Technology Aud Frese kam 2020 als Lead of Health Strategy and Medical Technology zu Zühlke und ist seit 2024 zudem Teil des EMEA Health Leadership Teams. Ihr Fokus liegt auf dem Gebiet der digitalen Innovationen, Businessstrategien und Produktentwicklung. Aud Frese hat Medizininformatik studiert und verfügt über langjährige Erfahrungen in der Medizintechnik und dem Gesundheitsbereich. Kontakt aud.frese@zuehlke.com +49 1522 435 8501 Schreiben Sie uns eine Nachricht You must have JavaScript enabled to use this form. Vorname Nachname E-Mail Telefonnummer Message Absenden Bitte dieses Feld leer lassen Schreiben Sie uns eine Nachricht Vielen Dank für Ihre Nachricht.
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