Industrie

Nachhaltige Elektronik-Entwicklung als Wachstumstreiber

Wie viel wird es Sie auf lange Sicht kosten, Nachhaltigkeit in Ihren Produkten zu ignorieren? Nachhaltigkeit ist mehr als Compliance, sie ist entscheidend für die langfristige Marktfähigkeit und Attraktivität Ihrer Produkte. Unsere Fachleute zeigen, warum nachhaltige Entwicklung ein kritischer Erfolgsfaktor für die Optimierung von Kosten und Effizienz ist.

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Durch eine frühe Integration von nachhaltigen Gesichtspunkten in die Produktentwicklung lässt sich die Planung klarer gestalten, spätere Anpassungskosten vermeiden, gesetzliche Anforderungen leichter erfüllen sowie Material- und Energiekosten senken. Da elektronische Komponenten einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Bilanz eines Produkts leisten, untersucht dieser Beitrag insbesondere die Rolle von Nachhaltigkeit im Bereich Elektronikentwicklung und ihren Einfluss auf den Produkterfolg.

„ Wer heute in nachhaltiges Elektronikdesign investiert, spart nicht nur zukünftige Compliance-Kosten, sondern positioniert sich auch als Vorreiter einer sich wandelnden Branche. “
Salim Seddiki
Professional Electronics Engineer, Zühlke

Zwei-Stufen-Programm für Ihren Markterfolg

Ob Produkt- oder Produktionsanforderung – Nachhaltigkeit im Elektronikdesign kann zunächst überfordernd wirken. Sie scheint mit zusätzlichen Kosten und einem komplexeren Supply Chain Management einherzugehen. Unsere Erfahrung zeigt jedoch das Gegenteil: Durch Nachhaltigkeit lassen sich Kosten senken und die Effizienz steigern, wie ein vorangegangener Blogartikel über nachhaltige Entwicklung zeigt.

Die Integration von Nachhaltigkeit in das Produktdesign verbessert nicht nur das ökologische Image eines Unternehmens, sondern schafft auch neue Differenzierungschancen am Markt und kann zu erheblichen Energieeinsparungen für Endnutzende führen.

Eine initial durchgeführte zweistufige Eco-Design-Studie hilft, die ökologischen Hotspots des Produkts zu identifizieren und zu adressieren. In der ersten Phase erfolgt eine Analyse des Status quo, etwa durch eine auf elektronische Komponenten zugeschnittene Lebenszyklusanalyse (LCA) oder eine kreislaufwirtschaftliche Bewertung. In Phase zwei werden Maßnahmen zur Reduktion der Umweltwirkungen sowie potenzielle, skalierbare Lösungen untersucht. Die erfolgreiche Umsetzung solcher Eco-Design-Studien erfordert interdisziplinäre Teams, die Umweltaspekte mit technischer Expertise verknüpfen.

Ein praktisches Beispiel: Im gemeinsamen Projekt mit Bystronic entwickelte Zühlke nicht nur eine Roadmap zur CO2-Reduktion, sondern legte auch den Grundstein für neue Generationen von Laser- und Biegemaschinen. Der effiziente Ressourceneinsatz, kreislaufwirtschaftliche Strategien und die Ausrichtung an den tatsächlichen Kundenbedürfnissen führten nicht nur zu einer potenziellen Emissionsreduktion von bis zu 50 %, sondern auch zu geringeren Betriebskosten.

Beispiel Mikrochip: Der größte Treiber der CO2-Bilanz

Ein Apple iPhone und ein Hightech-Medizingerät haben eine verblüffende Gemeinsamkeit: Die größten Emissionen entstehen bei der Herstellung der Mikrochips. Das zeigt ein zentrales Handlungsfeld für zunehmend nachhaltige Elektronik.

Halbleiter sind essenziell für moderne Elektronik. Ob Mobiltelefone, E-Fahrzeuge, bildgebende Verfahren wie MRT oder Solarmodule – sie alle sind auf Mikrochips angewiesen. Deren Herstellung ist jedoch extrem energieintensiv. Abbildung 1 verdeutlicht: Halbleiter machen 39 % der Emissionen in Apples Produktion aus und diese wiederum 77 % des gesamten Unternehmens-Fußabdrucks. Grund dafür ist der hohe Energiebedarf bei Prozessen wie Materialbeschichtung, Schaltkreisätzung und Reinraumklimatisierung.

Gesamter CO2-Fußabdruck von Apple, adaptiert nach Apple Report 2018: https://www.apple.com/environment/pdf/Apple_Environmental_Responsibility_Report_2018.pdf Gesamter CO2-Fußabdruck von Apple, adaptiert nach Apple Report 2018: https://www.apple.com/environment/pdf/Apple_Environmental_Responsibility_Report_2018.pdf

Komponenteneigenschaften: Mikrochips als Emissionstreiber

CO2-Daten lassen sich für Design und Komponentenauswahl nutzen. Mit einer initialen Nachhaltigkeitsbewertung in der Designphase können CO2-Werte Grundlage für nachhaltigere Entscheidungen sein.

Integrierte Schaltkreise (ICs) stehen dabei im Fokus. Das liegt am Silizium, das für die Herstellung besonders energieintensiv ist. Obwohl Silizium nur 2–3 % des Chipgewichts ausmacht, verursacht es 60–80 % des CO2-Fußabdrucks. Entscheidender Faktor ist deshalb der Gesamt-Siliziumgehalt. Auch die Verpackung des Chips spielt eine Rolle: Goldverbindungen sind deutlich emissionsintensiver als zum Beispiel Lötkugeln aus Zinn. Schon geringe Mengen Gold verursachen einen CO2-Ausstoß, der 100-mal höher ist als die Herstellung eines durchschnittlichen ICs – und 10.000-mal so hoch wie bei Kupfer.

Salim Seddiki, Professional Electronics Engineer, Zühlke
„ Nachhaltigkeit im Elektronikdesign bedeutet, Kosten, Machbarkeit und Marktfähigkeit auszubalancieren. Aber sie ist unverzichtbar, da regulatorischer und gesellschaftlicher Druck stetig wachsen. “
Salim Seddiki
Professional Electronics Engineer, Zühlke

Lieferantenauswahl: CO2-Fußabdruck senken, Effizienz steigern

Ein Blick auf die CO2-intensivsten Schritte der Halbleiterproduktion zeigt: Die Lieferkette ist entscheidend. Diese besteht im Wesentlichen aus zwei Phasen: Waferproduktion sowie Assembly & Testing. Beide Prozesse erfordern viel Energie und kontrollierte Bedingungen.

Die ersten Hebel für CO2-Reduktion liegen in der Waferproduktion. Die Waferscheibe ist das Trägermaterial für die Schaltkreise. Ihre Größe bestimmt, wie viele Chips gleichzeitig gefertigt werden können – und beeinflusst so Effizienz, Kosten und Energieverbrauch. 300mm-Wafer liefern etwa doppelt so viele Chips wie 200mm-Wafer. Trotz etwas höherem Energiebedarf verbessert sich die CO2-Bilanz pro Chip. Wo möglich sollten also Chips bevorzugt werden, die auf 300mm-Wafern gefertigt wurden.

Danach folgt die Assembly-&-Test-Phase, oft an anderen Standorten oder in anderen Ländern. Im Schnitt sind etwa 50 % des Energieverbrauchs in diesem Prozess auf Infrastruktursysteme zurückzuführen, gefolgt von Prozessanlagen. Treiber ist insbesondere die hohe Kühllast mancher Testmethoden. Auch die Auslastung eines Werks ist entscheidend und sollte nicht außer Acht gelassen werden: Je höher sie ist, desto niedriger ist der Energiebedarf pro IC.

Wo möglich, sollte die Auslastung der Produktionsstätte berücksichtigt werden. Wichtige Faktoren sind: Produktionsdaten, maximale Kapazität, Zykluszeiten, Ressourcennutzung, Lagerbestände, Einkaufsdaten sowie historische Vergleiche. Auch Software-Tools können helfen. Die Auslastung kann stark variieren – zwischen 60 und 100 %. Die Wahl effizienter Produktionsstätten schafft Wettbewerbsvorteile durch sinkende Emissionen und Kosten.

Energieverbrauch verschiedener Assembly-&-Test-Werke, adaptiert nach Chang et al. 2009 Energieverbrauch verschiedener Assembly-&-Test-Werke, adaptiert nach Chang et al. 2009

Beim Vergleich von ICs sollten Faktoren wie Chipfläche, Goldanteil, Wafergröße und Standort der Produktionsstätte berücksichtigt werden. Tools zur Produktentwicklungsanalyse helfen dabei, diese Emissionsfaktoren zu bewerten. Ein Beispiel ist SiliconExpert: Es ermöglicht den Zugriff auf Fertigungsdaten von Chips, um Nachhaltigkeit bei der Auswahl zu berücksichtigen.

Nicht zuletzt ist der Produktionsstandort ein wichtiger Parameter bei der Auswahl des Lieferanten im Hinblick auf Carbon Footprint der Produktion. Die Betrachtung von Karten zur Kohlenstoffintensität des Stroms hilft bei der Unterscheidung zwischen Lieferantenregionen auf der Grundlage der Kohlenstoffintensität des durchschnittlichen Stromprofils der Region. Komponenten, die, wenn auch nur teilweise, an einem Standort mit einem hohen Anteil an kohlenstoffarmer Elektrizität, z. B. aus erneuerbaren Energien oder Kernenergie, hergestellt werden, sollten bevorzugt werden. Darüber hinaus können die Klimaanlagen in Mikrochip-Reinraum-Montage- und Testanlagen etwa ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs ausmachen. Ein kühleres Klima würde weniger Energie für die Klimatisierung erfordern, was sich auf den gesamten CO2-Fußabdruck auswirkt.

Produkt- und Herstellungsparameter und ihre potenziellen Auswirkungen auf den CO2-Fußabdruck Produkt- und Herstellungsparameter und ihre potenziellen Auswirkungen auf den CO2-Fußabdruck

Nachhaltige Entwicklung und die Einbeziehung in das Elektronikdesign gehen weit über integrierte Schaltungen hinaus. Der gesamte Lebenszyklus eines Produkts, von der Herstellung der Leiterplatten (PCB) bis zur Auswahl von Komponenten wie Dioden, Transistoren, großen Kondensatoren und Steckern, trägt erheblich zur Gesamtumweltbelastung bei. Meistens hängt die Auswirkung mit dem Gewicht der Komponenten oder der Dichte der Funktionsteile zusammen. So steht beispielsweise die Auflösung von LED-Anzeigen in direktem Zusammenhang mit ihrem Kohlenstoff-Fußabdruck. Darüber hinaus sind die Komplexität der Herstellungsprozesse und die von den Zulieferern verwendeten Energiequellen entscheidende Faktoren bei der Bestimmung des CO2-Fußabdrucks von Elektronikprodukten. Die Wahl von Lieferanten, die erneuerbare Energiequellen nutzen, kann den Kohlenstoff-Fußabdruck des Endprodukts erheblich reduzieren.

Nachhaltige Produktion und nachhaltige Elektronik bedeuten keineswegs steigende Kosten, ganz im Gegenteil: Kosten werden gesenkt und die Effizienz durch optimierte Prozesse, Ressourcennutzung und innovative Designpraktiken gesteigert. Daher macht Nachhaltigkeit Ihre Produkte und Dienstleistungen zukunftssicher und fördert Innovation und Erfolg in der gesamten Organisation.

Gemeinsam in eine nachhaltige Zukunft

Bereit, Ihre Produkte nachhaltiger zu gestalten? Starten Sie Ihre Nachhaltigkeitsreise mit uns. Ob initiale Eco-Design-Studie oder unternehmensweite Skalierung: Wir begleiten Sie dabei, Nachhaltigkeit in messbaren Mehrwert für Menschen, Planet und Business zu verwandeln.