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AO Foundation: KI sorgt für Durchbruch beim Schutz von Patientendaten in klinischen Anwendungen

Mit Machine Learning zur zukunftsweisenden, klinikübergreifenden KI-Datenmodellierung – ohne die Weitergabe von Patientendaten.

  • „Federated learning“-KI-Methoden dezentralisieren vertrauliche Patientendaten.

  • Von den ersten Workshops bis zum erfolgreichen Proof-of-Concept in nur drei Monaten.

  • Zühlkes KI-Modellierungstechnologie zeigt das große Potenzial – vom Healthcare- bis hin zum Banking-Sektor.

Hohe Qualität? Hohe Sensibilität

Seit über 60 Jahren verschiebt die AO Foundation die Grenzen der medizinischen Forschung. Mehr als 4.500 Studienteilnehmende und eine globale Community von 460.000 Fachkräften bringen AO an die Spitze der Schnittstelle von Gesundheit und Technologie.

Der bei beiden Unternehmen ausgeprägte Innovationsgeist macht Zühlke zum idealen Technologiepartner für das neue Projekt der AO Foundation: die Erforschung der Frage, wie KI-Modellierung CT-Scans der Wirbelsäule optimieren kann.

Die Herausforderung dabei: Normalerweise unvereinbare Datensätze aus unterschiedlichen Kliniken und Krankenhäusern zu integrieren, ohne dabei Patientendaten zu kompromittieren.

„Hochwertige Patientendaten sind die Basis für das Training Künstlicher Intelligenz für jegliche medizinische Anwendung“, erklärt Roland Herzog, Head of Technology Transfer bei AO. „Die Daten stehen normalerweise in den Datensätzen der Krankenhäuser zur Verfügung, man muss jedoch zahlreiche Gesetze und Datenschutzvorschriften beachten, wenn man darauf zugreifen und sie nutzen möchte. Die Krankenhäuser gewähren meist nur zögerlich Zugang zu diesen Daten.“

Ein komplexes Geflecht aus Patientenzustimmungen, Verträgen zu klinischen Studien und regulatorischen Einschränkungen macht es oft unmöglich, Datensätze aus den lokalen Beständen zu entnehmen. Ein Mangel an nutzbaren Daten steht allerdings der Weiterentwicklung der KI-Modelle im Weg, die dazu beitragen könnten, einige der schwierigsten Diagnoseaufgaben bei CT-Scans zu automatisieren.

Die Kombination aus maschinellem Lernen der nächsten Generation und einem besser vernetzten Datenumfeld war eine Hürde, die wir bei Zühlke beiseite räumen wollten.

Dezentralisierung der Daten

Um wirklich zu verstehen, welchen Durchbruch dieses Projekt ermöglicht hat, muss man zunächst den recht komplexen KI-Begriff „Federated Learning“ näher erläutern.

Im Grunde bezeichnet Federated Learning (föderales Lernen) den Prozess, KI-Modelle anhand von Datensätzen aus verschiedenen Silos zu trainieren, indem Erkenntnisse geteilt werden, ohne dabei die selbst Daten, durch die sie gewonnen wurden, zu teilen.

Das folgende, abstrahierte Beispiel verdeutlicht das Prinzip des föderalen Lernens: Eine Gruppe von Köchen probiert ein neues Rezept aus. Die Personen sind aber räumlich voneinander getrennt, sodass sie die Gerichte der anderen nicht probieren können. Stattdessen bereitet jeder Koch ein Gericht zu, probiert es, und teilt seine Verbesserungsvorschläge. Jeder Koch nutzt nun die Vorschläge der anderen und wiederholt den Vorgang, bis das Gericht die bestmögliche Qualität erreicht hat.

„Wenn Sie ein KI-Modell trainieren möchten, benötigen Sie Daten von bis zu 1.000 Patientinnen und Patienten, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten. Aber eventuell gibt es in einem einzelnen Krankenhaus gar nicht so viele Personen oder sie verfügen nicht über die erforderliche Diversität“, erklärt Roland Herzog.

Man braucht die Daten von bis zu 1.000 Patientinnen und Patienten, um gute Ergebnisse zu erzielen. Aber eventuell gibt es gar keine 1.000 Personen in einem einzelnen Krankenhaus“.

Und er fügt hinzu: „In diesem Fall benötigen Sie Daten aus mehreren Krankenhäusern. Also muss man deren Datensätze entweder auf einen lokalen Datenträger exportieren, oder – wie beim föderalen Lernen – die Daten im Krankenhaus belassen und die KI-Modelle dorthin bringen“.

Der Prozess wird so zu einer von vielen Schleifen, die die KI-Modelle durchlaufen, um die Parameter der lokalen Krankenhäuser miteinander zu teilen. Anschließend werden diese geteilten Parameter in jedes Modell integriert, das Training erneut durchlaufen und die Erkenntnisse wieder geteilt – und bei jedem Lauf wird das Modell besser.

Ein extrem wichtiger Punkt dabei: Dank der Dezentralisierung müssen keine Patientendaten extern geteilt werden.

Mit spinalen CT-Scans als Testmodell konnten Zühlke und die AO Foundation innerhalb weniger Monate von vorläufigen Probeläufen zu einem kompletten Proof-of-Concept gelangen, und so die Tür für bahnbrechende KI-Einsätze im Gesundheitswesen und darüber hinaus öffnen.

Zweifellos ein großer Durchbruch

Die Kooperation zwischen Zühlke und der AO Foundation hat das Ziel, föderale Lernmodelle an spinalen CT-Scans und Bilddaten zu testen, um herauszufinden, wie gut die KI Knochen von Gewebe, Muskeln und Organen unterscheiden kann.

Roland Herzog erläutert: „Bilddaten wie diese liefern Informationen in drei Dimensionen, und wenn diese für die Planung von Operationen verwendet werden sollen, müssen diese 3D-Daten exakt dem menschlichen Körper entsprechen. Dazu müssen Knochen von Organen abgegrenzt werden können. Diese Grenzen sind manchmal jedoch verschwommen, was die Unterscheidung schwieriger macht.“

Normalerweise würde ein Scan daher manuell ausgewertet, aber das kostet Zeit und ist anfällig für menschliche Fehler. „Je weiter man diesen Prozess optimieren kann, desto schneller und besser wird er. Die Aufgabe der KI ist also, den Prozess zur Erkennung eines menschlichen Körpers aus einer Vielzahl an dreidimensionalen Daten zu automatisieren.“, so Herzog.

„Die Zukunft dieses Konzepts liegt überall dort, wo große Datensätze für das KI-Training benötigt werden, der Datenschutz dem aber im Wege steht“.

Auf dem Intelligent Health Summit 2020 haben Zühlke und die AO Foundation mit ihrem Proof-of-Concept gezeigt, dass Federated Learning in solchen Anwendungsfällen ein Gewinn für alle Beteiligten ist. Es kann KI-Modelle erheblich verbessern, ohne dass sensible Daten zentralisiert werden müssen.

Das Interessante daran ist auch, dass es noch viel umfassendere Anwendungsfälle ermöglichen könnte.

Als ersten Schritt haben die Verantwortlichen in den Partnerkliniken die Grundlage für die zukünftige, klinikübergreifende Anwendung gelegt. Diese Technologie kann aber weit mehr Branchen als nur dem Healthcare-Sektor nutzen.

Ein Beispiel: Die Steuerdaten eines Landes sind auf verschiedene Bundesländer oder -staaten verteilt. Für das Training eines KI-Modells sollen alle diese Steuerdaten genutzt werden, der Zugriff ist aber aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Mittels föderalen Lernens kann das Modell trainiert werden, ohne dass Daten weitergegeben werden müssen.

Die Zukunft dieses Konzepts könnte in der Medizin, im Bankwesen oder auf Regierungsebene liegen. Also überall dort, wo große Datensätze benötigt werden, um KI-Modelle zu trainieren, aber der Datenschutz Vorrang hat.

Ansprechpartner für die Schweiz

Bardia M. Zanganeh

Director Business Development

Bardia M. Zanganeh unterstützt führende Einrichtungen im Gesundheitswesen bei sämtlichen technologischen Belangen. Sein primärer Fokus liegt dabei auf digitaler sowie Produktinnovation und der Neugestaltung von Geschäftsmodellen. Sein beruflicher Hintergrund liegt in den Bereichen Engineering, Unternehmensberatung sowie Unternehmertum. Er ist als Dozent an der Hochschule für Wirtschaft Zürich tätig. Sein täglicher Antrieb sind die positiven Auswirkungen, die die Technologie auf die Transformation des Gesundheitswesens hat, um die Behandlungsergebnisse zu verbessern.

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