4 Minuten Lesezeit Mit Insights von Matthias Wufka Ehemaliger Senior Business Solution Manager Die Normen im Bereich der Medizintechnik stellen hohe Anforderungen an den Entwicklungsprozess. Aus regulatorischer Sicht lassen sich dabei im Wesentlichen sogenannte Embedded-Software und Stand-alone-Software unterscheiden. In diesem Artikel stellen wir die wichtigsten Anforderungen für die medizinische App-Entwicklung vor. Die Anforderungen für die Entwicklung medizinischer Software sind durch die EU drastisch verschärft worden. Das ist kein Grund zur Panik – ein Leitfaden zeigt, worauf es wirklich ankommt. Das Wichtigste daraus habe ich hier zusammengefasst. Die Digitalisierung macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt – mit allen Chancen, Risiken und Herausforderungen. Als Folge davon wird auch Software in diesem Bereich immer wichtiger. Aus regulatorischer Sicht lassen sich dabei im Wesentlichen sogenannte Embedded-Software und Stand-alone-Software unterscheiden. Erstere ist ein integraler Bestandteil eines Medizinprodukts, letztere ist selbst ein Medizinprodukt, z.B. eine medizinische App. Erst kürzlich hat der europäische Gesetzgeber die Anforderungen für Medizinprodukte drastisch verschärft. Deshalb gibt es Befürchtungen, dass gerade kleinere und mittlere Herstellerunternehmen diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden können. Herausforderung durch Normen in der Medizintechnik Hier kommt die kürzlich erschienene zweite Publikation der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMD) aus dem Bereich „Normen in der Medizintechnik“ gerade recht. Sie befasst sich mit der Entwicklung und Herstellung medizinischer Software und soll gerade kleineren und mittleren Unternehmen einen Leitfaden für die Umsetzung der Anforderungen an die Hand geben. Auf Grund der Erfahrungen von Zühlke in diesem Bereich kam der VDE auf mich zu, um das Kapitel der Entwicklung von Medizinischer Software von der Idee zum Produkt als Autor mit zu begleiten. Herausgekommen ist eine Übersicht über die modernen Prinzipien der agilen Softwareentwicklung unter den Rahmenbedingungen der regulierten Entwicklung eines Medizinprodukts. Die wichtigsten Anforderungen im Überblick Die Normen im Bereich der Medizintechnik stellen hohe Anforderungen an den Entwicklungsprozess. Die wichtigsten für die App-Entwicklung sind aus meiner Sicht folgende: Planung der Aktivitäten vor der Durchführung Für Medizinprodukte gilt die Forderung nach einem geregelten und geplanten Vorgehen, das alle Punkte der Normen erfüllt. Alle Aktivitäten müssen vor der Durchführung geplant und diese Planung dokumentiert werden. Detaillierungsgrad ist abhängig vom Safety-Beitrag der Software Das Risikomanagement und die daraus ermittelte Patientengefährdung sind ein zentraler Bestandteil um die Detaillierung und Intensität der Aktivitäten zu bestimmen. Design Input vor Design Output Vor der Durchführung von Aktivitäten oder der Erzeugung von Design Output, wie z.B. Source-Code wird der Design Input benötigt. Oder etwas salopper formuliert: Ohne die Anforderungen, was entwickelt werden soll, kann weder Source-Code geschrieben noch ein Programm verifiziert werden Änderungs- / Change Management Ein freigegebenes Konfigurationselement (z.B. eine Dokumentation oder ein Source-Code) darf nur nach vorher freigegebener Änderungsanforderung modifiziert werden. Dabei muss für alle betroffenen Konfigurationselemente die Vorgeschichte bis zum aktuellen Stand rückverfolgbar sein. Zwang zur Dokumentation Einer der Grundsätze bei der Entwicklung von Medizinprodukten ist, dass die Planung, die Durchführung sowie die Ergebnisse dokumentiert werden müssen. Kurz und prägnant: „Funktionierende und getestete Software ohne Dokumentation ist wertlos.“ Dokumentation muss sein Am Beispiel der Dokumentation wird dabei deutlich, dass die Normen in der Medizintechnik nicht nur Anforderungen stellen, sondern auch gewisse Freiheitsgrade zulassen. Grundsätzlich muss am Ende der regulierten Entwicklung einer Software immer eine konsistente Dokumentation vorliegen. Meistens kommt hier eine grafische Darstellung im Stil des V-Modells zum Einsatz. Auf der linken Seite des V werden die Anforderungen detailliert aufgelistet und implementiert – von der Zweckbestimmung über die Spezifikation des Gesamtsystems bis zur Design-Spezifikation. Auf der rechten Seite werden den Spezifika-tionen entsprechende Testfälle gegenübergestellt und damit die Einhaltung der Anforderungen gewährleistet. Die begleitenden Prozesse des Risikomanagements und der Usability führen auf den verschiedenen Detaillierungsebenen zu Anforderungen und Nachweisen. Viele Freiheitsgrade trotz strenger Normen Aus dieser Darstellung wird oft der falsche Schluss gezogen, dass das V-Modell oder wasserfallähnliche Prozesse als Entwicklungsprozesse vorgeschrieben sind. Dabei lassen die Normen in der Medizintechnik sehr viele Freiheitsgrade für den Entwicklungsprozess, die auch den modernen Anforderungen an Software-Entwicklung entsprechen. Weder die EN 62304 noch die FDA schreiben ein Lebenszyklusmodell vor, vielmehr benennt die EN 62304 den agilen Entwicklungsprozess als mögliche Vorgehensweise. Freiheiten wie diese machen es auch weiterhin für kleine und mittlere Unternehmen möglich, medizinische Software zu entwickeln. Gestiegen ist lediglich die Anforderung an das Know-how und die Organisation. Gerne entwickeln wir auch für Sie Softwarelösungen für die Medizinische Anwendung – von der Idee bis zum Produkt! Kontaktieren Sie mich hierzu gerne per Mail
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